Begegnungen mit Gästen von “Meet A Jew”
Am 12. Februar fanden außergewöhnliche Begegnungen statt: Gäste von „Meet a Jew“ waren der Einladung der Courage AG durch Pfarrerin Eva Zoske-Dernóczi gefolgt und baten in zwei Runden den HBFS-Klassen BH22A und TH21A sowie den drei Jahrgängen des Beruflichen Gymnasiums in einer angenehmen und lockeren Atmosphäre Gespräche an. Bei diesem Projekt haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, jüdische Menschen kennenzulernen, da es bei weltweit nur 15,3 Millionen eher selten passiert, dass man einer Jüdin oder einem Juden persönlich begegnen kann. Es geht bei „Meet A Jew“ darum, Vorurteile abzubauen und mehr Hintergrundwissen über die religiöse Minderheit der Juden zu erfahren. Wir hatten die Gelegenheit, uns mit zwei Jüdinnen und einem Juden zu treffen, die uns ihre Erfahrungen mit dem Projekt und ihren Alltag als Juden in Deutschland erläuterten. Aus Sicherheitsgründen weiß man vor einer Begegnung nichts über die Gäste, weder zu ihrer Religiosität noch zu ihrem genauen Wohnort oder ihrem Beruf. Bis zuletzt kennt man nur die Vornamen der Teilnehmenden.
Zu unserem Treffen kamen Katja, 26 Jahre alt und die 54-jährige Miriam aus Düsseldorf und der 25-jährige Student Steve aus Köln, der interessanterweise schon über 35-mal mit “Meet A Jew” in Schulen war. Steve berichtete, dass er neben seinem Studium auch bei einer Sicherheitsfirma arbeitet, die für den Schutz von Kitas verantwortlich ist. Miriam erläuterte zu Beginn, warum sie den Raum, in den wir sie empfangen hatten, erst einmal genau inspizierte. Sie sprach von einer seit ihrer Kindheit in ihre DNA eingebrannte Angst, die sie nicht loswerde, da Antisemitismus leider immer noch weit verbreitet sei. Sie geht aus Angst vor Anschlägen beispielsweise an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Fest, nicht in die Synagoge. Sie möchte ihre Identität nicht verstecken, aber auch keinen Antisemitismus erleben. Wenn sie also eine Davidstern-Kette trägt, hängt sie den Stern in ihr T-Shirt, sodass der Anhänger nicht zu sehen ist. Katja bestätigte Miriams Bedenken.
Alle drei betonten, dass es viele Strömungen innerhalb des Judentums gebe. Der überwiegend größte Teil der Juden aber ihrer Ansicht nach eher säkular oder liberal lebe. Alle drei stört, dass man aber in Filmen oder Dokus immer nur streng religiös lebende orthodoxe Juden sieht (z.B. mit einer Kippa auf dem Kopf). Miriam und Katja besuchen regelmäßig eine liberale Gemeinde in Düsseldorf, wo der Rabbi sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, was aber beispielsweise eine ultraorthodoxe Gemeinde absolut ablehnen würde. Steve berichtete, dass er als Jugendlicher zum Judentum konvertiert sei und anfangs sehr streng religiös lebte, sich aber nun eher als liberal bezeichnen würde. Er berichtete, zu welchen Konflikten es kommen kann, wenn man sehr streng orthodox lebt, weil dann jede Form der Arbeit am Schabbat, dem Ruhetag der Juden, verboten sei. Er erzählte sehr eindrücklich, dass er z.B. mit einem orthodox erzogenen Kita-Kind über mehrere Stunden diskutieren musste, dass es sich doch bitte die Nase putze, da das orthodoxe Kind Angst hatte, sich am „Schabbat“ die Nase zu putzen, weil das als Arbeit gilt und damit verboten sei. Steve fand die laufende Nase des Kindes ekelhaft und wollte es überzeugen, dass es durch Gott keine Strafe erhält, wenn es sich traut, die Nase zu putzen. Durch einige Gegenstände und Symbole zeigten die drei sehr anschaulich den Reichtum der jüdischen Traditionen, ließen z.B. auch ein jüdisches Kochbuch herumgeben, um zu zeigen, welche Gerichte sie am Schabbat zubereiten. Die Schülerinnen zeigten viel Interesse am Austausch, sahen auch Parallelen zu ihren eigenen Religionen und gaben viel positives Feedback. Schade fanden einzelne nur, dass kein orthodox-gläubiger Jude als Gast mitgekommen war, weil so die Dynamik innerhalb der Gruppe fehlte und nur liberale Positionen vertreten wurden.
David Krentz, GT22A
Fotos: I. Eisner / E. Zoske