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Alte Heimat, neue Heimat – SchülerInnen berichten (II)

Am Carl-Reuther-Berufskolleg in Hennef treffe ich täglich viele Schülerinnen und Schüler mit interessanten Biografien, die aus unterschiedlichen Ländern zu uns gekommen sind. Sie leben alle an anderen Orten, besuchen verschiedene Bildungsgänge und Schulbereiche. Jedoch eint sie ihre Motivation, die deutsche Sprache zu erlernen, berufliche Wünsche zu verwirklichen und hier ein neues Zuhause zu finden. Von Eva Zoske-Dernóczi

Ledian kam aus dem Kosovo nach Deutschland

Der siebzehnjährige Ledian besucht unser Berufskolleg, um durch einen zweijährigen Bildungsgang der Höheren Berufsfachschule Bau- und Holztechnik den schulischen Teil der Fachhochschulreife zu erlangen. Er wurde in der Republik Kosovo geboren. Seit seinem 8. Lebensjahr lebt er in Deutschland, erst in Augsburg, dann in Hennef. Die Republik Kosovo liegt im Südosten Europas im Zentrum der Balkanhalbinsel und ist ein sehr junger Staat. Anfang 2008 hat das Land seine Unabhängigkeit von Serbien verkündet. Wirtschaftlich zählt Kosovo zu den ärmsten Regionen Europas, viele Menschen sind arbeitslos oder verdienen sehr wenig Geld, darum verließ auch Ledians Familie die Heimat.

Wenig Perspektiven im Kosovo, ein Umzug nach Italien und dann nach Deutschland

Ledians Großvater und zwei Onkel mütterlicherseits waren bereits 1997 während des Kosovo-Krieges nach Deutschland gekommen, seine Großmutter kam später nach. „Wir blieben damals aber erst einmal im Kosovo, lebten ab 2009 fünf Jahre in Italien, weil meine Eltern anfangs hofften, in der Nähe der alten Heimat bleiben zu können“, so Ledian. Leider mussten seine Eltern erkennen, dass sie ihre fünfköpfige Familie weder im Kosovo noch in Italien richtig ernähren konnten, da das Gehalt des Vaters als Bauarbeiter nie wirklich ausreichte. Daher zogen sie 2014 von Italien weiter nach Deutschland. Seine neunzehnjährige Schwester musste, wie Ledian auch, nach fünf Jahren des intensiven Einlebens in Italien dann noch einmal einen Neustart in Deutschland wagen. Seine siebenjährige Schwester wurde in Deutschland geboren und hatte daher nicht mit all den Sprachen und Neuanfängen in Schulen zu kämpfen. „Die Gehälter sind hier höher, die wirtschaftliche Lage besser. In Italien war es sicherlich schon etwas vorteilhafter als im Kosovo, aber immer noch nicht gut. Da meine Großeltern seit fast 25 Jahren in Deutschland leben, war das am Ende der Grund hierhin zu kommen. Deutschland ist ein wirtschaftlich starkes Land, aber auch sehr sozial, weil man viel mehr finanzielle, aber auch andere Hilfen erhält als in anderen Ländern.“ 

Drei Länder haben ihn geprägt – es war immer wieder ein harter Neustart

Hart war, dass Ledian zu Hause immer Albanisch sprach, in der Kita dann ab seinem dritten Lebensjahr Italienisch lernte, dort auch in die Grundschule ging und dann auf einmal in der 3. Klasse plötzlich in einer deutschen Grundschule klarkommen musste. „Gottlob hat mich ein Klassenkamerad in der Grundschule sehr unterstützt, zusätzliche Deutschkurse halfen auch“, aber es war schwer, immer wieder neu irgendwo anzukommen und erneut von vorne zu beginnen, wo man doch gerade Freunde gefunden hatte und die Sprache verstand“, so Ledian.   

Heimat – wo und was ist das?

Ledian identifiziert sich mit seinem ursprünglichen Heimatland, selbst wenn er noch sehr klein war, als seine Eltern auswanderten, weil er sagt: „Meine Familie kommt nun mal aus dem Kosovo – mich haben drei Länder sehr geprägt, genau diese Mischung macht doch meine Identität aus! Ich fühle mich sehr wohl in Deutschland, würde aber immer sagen, dass ich nicht eine Heimat habe, sondern mehrere Länder so etwas wie Heimat für mich sind.“ Nun, nach sechs Jahren, ist die Familie voll und ganz in Deutschland angekommen. „Geholfen hat uns vor allem, dass wir hier in Deutschland Verwandte hatten, die uns unterstützten, um uns zurecht zu finden, bei solch großen Dingen, wie z.B. einer Wohnungssuche“, so Ledian.

Der Fußballverein SC Uckerath und berufliche Träume

Der Siebzehnjährige hofft, nach seinem bestandenen Fachabitur als Bauzeichner eine Ausbildung absolvieren zu können. Ihm schwebt ein duales Studium vor, um gleichzeitig auch Architektur studieren zu können. In seinem Freundeskreis hat er viele deutsche Freunde, aber auch solche, deren Eltern auch aus anderen Ländern gekommen sind. Dabei helfen ihm nun seine Sprachkenntnisse sehr, weil er z.B. mit seinen italienischen Freunden auf deren Muttersprache sprechen kann. Italienisch war für ihn einfacher zu erlernen als die deutsche Sprache, aber diese hat er nun auch sehr gut erlernt. Seine Aktivität im Fußballverein SC Uckerath hat sehr geholfen, Freude zu finden, sich zu integrieren und besser Deutsch zu lernen, weil er dreimal in der Woche dort trainiert und so auch außerhalb der Schule viel Deutsch sprechen muss. An den Wochenenden spielt er Klavier und liest sehr gerne.